Korrekturen der Wirklichkeit

Korrekturen der Wirklichkeit

Doppelaustellung Daniela Hoferer und Su-Ran Sichling

Die gestickten Bildwelten von Daniela Hoferer sind Montagen, die Motive aus den unterschiedlichsten Kontexten, Zeitebenen oder Regionen zu einem neuen Gefüge verweben. Die Motive finden sich oft im Alltag, werden zunächst fotografisch eingefangen. Dabei fällt die Auswahl oft auf Personen, Architekturen oder Objekte, die in den vorgefundenen Szenerien nicht eingebunden zu sein scheinen oder die seltsam beziehungslos wirken – Einzelgänger gewissermaßen.
Ebenso stehen Szenen, die an ritualisierte Handlungen erinnern, Kostümierungen oder Trachten, die ihren Ursprung in einer gemeinsamen kulturellen Praxis vermuten lassen und normalerweise das Gefühl von Beheimatung evozieren, im Gegensatz zum Moment der Entfremdung oder der Beziehungslosigkeit, den die Protagonist:innen in den Bildern ahnen lassen.

Su-Ran Sichling widmet sich in ihren Arbeiten diesen Zonen des Dazwischens aus einer anderen Perspektive: Es sind die unüberwindbaren Grenzen, seien sie materiell-sichtbar (als Zaun, Grenzline oder Abgrenzung der Privatsphäre) oder immateriell-mental, die über Inklusion und Exklusion zwischen Individuen aber auch innerhalb einer Gesellschaft entscheiden. Sie unterliegen kulturellen Setzungen oder auch konventionellen Wahrnehmungsmustern. Es bedeutet allerdings auch, dass sie veränderbar oder – im besten Fall – überwindbar sind.

Der Titel zur gemeinsamen Ausstellung ist angelehnt an ein Zitat von Siegmund Freud. Freud schreibt hier, dass nicht der Glückliche, sondern der Unbefriedigte phantasiert. Dass jede Wunscherfüllung eine Korrektur der unbefriedigenden Wirklichkeit sei.

Dementsprechend finden sich bei Hoferers mehrmonatigem Stickprozess die einzelnen Bildelemente wieder auf einem gemeinsamen Grund. Der Bildraum wird zu einem Ort der Konfrontation, der Vernetzung und Vermittlung. Diese Einbettungsversuche sind mitunter auch Ausdruck einer Hoffnung auf einen Austausch über geografische, kulturelle und geistige Grenzen hinweg und ein mögliches Verstehen.

Auch einige von Sichlings Arbeiten formulieren einen Idealzustand, in dem sich Grenzen verflüssigen und in dem eine Gesellschaft hierarchielos neu hinzukommende Menschen in sich aufnimmt. Ein gangbarer Weg, so ihre Überlegung, könnte über das menschliche Tun geschehen – als eine immer mögliche wiederkehrende, wirkmächtige Einschreibung in das vorgefundene Umfeld.