Heterotopische Gesänge
26.06. – 16.08.2025
Katja Aufleger, Hanns Bahra, Marlene Bart, Tjorg Douglas Beer, Jennifer Bennett, Anna Bittersohl, John-Robin Bold, Monica Bonvicini, Fritz Brinckmann, Michael Conrads, Jigger Cruz, Hanne Darboven, Carola Ernst, FORT, Max Frisinger, Shitela Maria Biallas Abdel Ghani, Alexa Grande, David Flechter, Gesellschaft für artübergreifende Freundschaft, Iris Helena Hamers, Paule Hammer, Anna Hartlaub, Simon Hehemann, Thomas Helbig, DJ Hell, Jan Holtmann, Verena Issel, Suse Itzel, Hiroku Kameda, Zinu Kim, Ilia Kobeshavidze, Jil Lahr, Anik Lazar, Crystal Lee, Andreas O. Loff, Christopher Loy, Marian Luft, Jonathan Meese, Dirk Meinzer, Günther Meyer, Monika Michalko, Kirsi Mikkola, Lennart Münchenhagen, Malgorzata Neubart, Franziska Opel, Henrike Pilz, Thomas Prochnow, Michael Riedel, Jenny Schäfer, Hank Schmidt in der Beek, Verena Schöttmer, Heinz Schoke, Tim Schröder, Bettina Schünemann, Sophie Schweighart, Tino Sehgal, Silke Silkeborg, Sandra Slim, Aleen Solari, Cornelia Sollfrank, songs for alice, Klaus Staeck, Stephen Stahn, Susanne Stoeppler, Malte Struck, Erik Swars, Andrea Tippel, Emilia Trog, Tam Truong, Banks Violette, Stefan Vogel, Maria Wallace, Xiyao Wang, Katharina Zimmerhackl
Der Kunstverein Gera präsentiert diesen Sommer zwischen dem 26.06. und dem 16.08.2025 die Gruppenausstellung Heterotopische Gesänge. Diese Sommerausstellung ist Teil des Jahresprogramms des Kunstvereins Gera, das sich mit der künstlerischen Ausdrucksform der Collage beschäftigt und wird zur Museumsnacht am 16.08.2025 enden. Initiiert wurde diese Sonderausstellung durch Lennart Münchenhagen. Wie kam es eigentlich dazu?
LM: Das Ganze hat eine längere Vorgeschichte. Der Kunstverein lud mich ja schon vor einiger Zeit ein, bei Euch auszustellen. Da das Jahresprogramm des Kunstvereins eine längere Sommerpause aufwies, entstand der Gedanke eines zusätzlichen Ausstellungsprojektes.
In der Vergangenheit habe ich schon häufig neben meiner eigenen künstlerischen Praxis mit befreundeten Künstlerinnen und Künstlern gemeinsame Ausstellungsprojekte organisiert. Und so kam eines zum anderen. Es bot sich der Ort an, der Zeitraum,- und das Konzept selber schwebte mir schon seit geraumer Zeit in meinem Hinterkopf. Schon lange gefiel mir die Idee die Ausstellungspraxis mit Freunden wieder aufzugreifen.
KV: Das heißt, Du hast Freunde angerufen und Ihr habt in kürzester Zeit gemeinsam dieses Konzept entwickelt?
LM: Nein, so kann man das auch nicht ausdrücken. Mir gefiel das Jahresthema des Kunstvereins, die Collage in den Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung zu stellen, von Anfang an. Ich glaube, dass die Collage im 21. Jhd. zu den basalen Kulturtechniken gehört, denn im 21. Jhd. ist alles Collage. Die zerstückelte Welt in Teilen, die neu zusammengefügt werden wollen. Die Welt als Bits und Bytes. Als Pics und Clips, die sich copy paste durch Raum und Zeit klonen. Geklonte Wirklichkeiten, künstliche Wirklichkeiten, intelligente Wirklichkeiten – überhaupt Wirklichkeit als nostalgischer Begriff. Das alles hat mich gereizt! Es hat mich gereizt in einer Zeit, in der alle Orte mit einem Klick oder Wisch in der Nachbarschaft erreichbar sind, einen Ort wie Gera ins Zentrum dieser Nachbarschaft zu rücken.
KV: Ja stimmt, viele Bürgerinnen und Bürger beschweren sich, es sei in Gera wie in vielen vergleichbaren Städten viel zu wenig los, es sei zu provinziell.
LM: Na eben. Dem gefühlt Wenigen begegnen wir mit dem Vielen. Und dem Provinziellen begegnen wir mit der Welt. Und so habe ich über 60 Künstlerinnen und Künstler angefragt sich mit Werken zu beteiligen. Mit vielen habe ich bereits ausgestellt, anderweitig schon mal zusammengearbeitet, oder wir kennen uns noch aus dem Studium. Andere Positionen wie z.B. Hanne Darboven, Jonathan Meese oder Klaus Staeck begleiten mich schon lange, und es gibt bestimmte sehr persönliche nicht entschlüsselbare Verbindungen, die mich dazu bewogen das Feld in dieser Form zu öffnen…
KV: Uns fallen dabei sofort Begriffe wie Concept und Punk ein, wenn wir uns die Künstlerinnen und Künstler so ansehen. Fritz Brinkmann steuert ja sogar die Collage eines Albumcovers bei, das er für die Einstürzenden Neubauten gestaltet hat.
LM: Ja das stimmt, das ejakulierende Pferd vom Album Haus aus der Lüge. Das ist auch eine lustige Geschichte. Wir haben uns über einen Freund auf einer Party kennengelernt. Das war toll, überall junge wilde Vögel und dazwischen Fritz mit grauem Haar und Anzug und der Wildeste von allen. Er wollte wissen, was ich von dem oder der Künstlerin halte, als ich ihn dann fragte, ob er nicht interessante Collage-Künstler kennen würde, zeigte er mir das Pferd… Paffff!… Die Alben der Band waren bzw. sind so wichtig und gerade dieses Cover so ikonisch…also war die Sache klar… Und so anekdotisch verknüpft sich das alles… aber zurück zu den Begrifflichkeiten…
Concept und Punk: das sind auch wieder Worte, die Schubladen gleich kommen. Wenn man es unbedingt will, kann man die Gruppe vielleicht auf diese zwei Vokabeln reduzieren, zumindest in dem Sinne, dass sich alle der Ausstellenden wenigstens mit einem dieser Begriffe verbunden fühlen und dem anderen wohl nicht völlig ablehnend gegenüberstehen.
Aber um es anders zu fassen: Es sind alles Positionen, die sich kritisch mit dem Objektfetisch der Kunst auseinandersetzen, teils rational intellektuell oder eben expressiv-poetisch. Oder lyrisch gesprochen, die sich vom Körper lösen wollen und doch so sehr am Körper kleben…
KV: Und wie kam es dann zu dem Titel Heterotopische Gesänge?
LM: Heterotopie ist ja unter anderem ein Begriff von Michel Foucault, der abgeschlossene Räume mit eigenen Regelsystemen betitelt. Dabei setzt sich Heterotopie zusammen aus den Begriffen hetero = verschieden und topos = Verortung (der Ort). Das heißt, zwei unterschiedliche Dinge an einem Ort, das ist doch die Collage. Gesänge beschreibt dann dabei eine poetische Zugangsform zur Welt. So versucht dieser Titel also wie ein Netz zu sein, versucht ein irrational gemeinsames Bindeglied zu sein, auf das sich alle verständigen können, das alle einfängt.
KV: Die Ausstellung Heterotopische Gesänge besteht also aus singulären Autorschaften, die in den Räumen des Kunstvereins zusammen so einen kommunikativen Reigen bilden, so dass sich also aus dem Vielen, gemeinsam
visuell Erörterten, neue Perspektiven auftun.
LM: Ja, aber man muss es nicht nur so lesen, die Beschäftigung mit dem Innen und Außen, mit der Grenze, der Überlappung, auch des Netzes… Die soziale Dimension z.B. muss nicht von allen erfasst werden. Ich hoffe bzw. mir macht die Ausstellung und das Vorbereiten schon jetzt einen riesigen Spaß und bereichert mich und würde ich das in den knapp drei Monaten nicht machen, wären die Räume des Kunstvereins Gera im Sommer und zur Museumsnacht leer. Also funktioniert in diesem Sinne das Ganze schon jetzt und wenn dann zur Museumsnacht die Regionalität, die Anwohnerinnen und Anwohner dann auf die anderen treffen und gemeinsam über Schnipsel, oder was auch immer das nun ist, oder seien soll, diskutieren, … ich halte dies auf allen Ebenen für begrüßenswert.
KV: Wir auch, und wir freuen uns schon auf die Eröffnung am Donnerstag dem 26. Juni um 19 Uhr und dann auf die Museumsnacht am 16.08.2025, an der wir von 15 bis 24 Uhr geöffnet haben werden.